
Die Frage, die sich immer wieder stellt: Wie geht das mit Glauben und Leben, Gebet und Arbeit zusammen? Oder anders gesagt: Wie kommt Heiligkeit im Alltag an? Lässt sich Gott dort finden? Es ist wohl eine Frage der Perspektive – oder des Mindsets, wie man es neudeutsch nennt. Es geht um ein Bewusstsein für Gnade, also darum, für die überraschende und heilende Gegenwart Gottes im Alltag offen zu sein und zu werden. Das Heilige Jahr an sich ist dafür schon eine Erinnerung.
Das Gebet zum Jubiläum 2025, das uns noch Papst Franziskus hinterlassen hat, kann dabei eine Hilfe sein, weil es eine Grundspur legt, wie wir Alltag und Gott, Alltägliches und Heiliges zusammenbringen können. Im ersten Teil des Gebets heißt es: „Erwecke in uns die selige Hoffnung für die Ankunft deines Reiches“. Darin steckt die Logik einer Vaterunser-Bitte: Dein Reich komme. Darin steckt das Verlangen, Gottes Gegenwart möge auf der Erde genauso wirkmächtig sein wie im Himmel. Aber wollen wir das überhaupt? Ist dem Vaterunser-Beter nicht die Sehnsucht danach abgekommen? Die Hoffnung und Sehnsucht nach Gottes Gegenwart wieder zu entdecken, das ist eine Spur auf dem Weg zur Heiligkeit im Alltag.
Wenn wir davon sprechen, was uns zu Gott, zum Heiligen im Alltag führt, dann müssen wir auch davon reden, was uns wegführt. Das Gebet zum Jubiläum hat das im Blick: Die Mächte des Bösen werden besiegt werden. Das Gute zu wollen, ist manchmal zu wenig. So wie der Apostel Paulus sagt: „Denn ich tue nicht das Gute, das ich will, sondern das Böse, das ich nicht will.“ (Röm 7,19). Er beschreibt den inneren Kampf eines Menschen, der das Gute tun möchte, aber von der Sünde überwältigt wird und stattdessen das tut, was er eigentlich ablehnt. Das Heilige im Alltag zu finden, heißt auch dafür sensibel zu werden, was uns von Gott wegführt: Die Welt ist ein Weg zu Gott, aber auch eine Abbiegespur.
„Ja, ich will.“ Das ist ein starker Satz. Er drückt Verlangen und Bereitschaft aus. Ohne ihn ist kein Anfang möglich. Weder in der Liebe, noch im Beruf oder im Privaten. Warum sollte es dann in der Beziehung zu Gott anders sein? Wenn wir zum Glauben im Alltag finden wollen, dann kommen wir um das Verlangen nach geistlichen Werten nicht herum: Gemeinschaft mit Gott, Sehnsucht nach dem Ewigen, Leben aus dem Geist, Sehnsucht nach dem Wort Gottes, Wunsch nach Umkehr. Eine Steilvorlage. Deshalb ist es auch die Schlussbitte des Gebetes: „Möge die Gnade des Jubiläums in uns Pilgern der Hoffnung die Sehnsucht nach den himmlischen Gütern erwecken.“
Jubiläumsgebet
Vater im Himmel, der Glaube, den du uns in deinem Sohn Jesus Christus, unserem Bruder, geschenkt hast, und die Flamme der Nächstenliebe, die der Heilige Geist in unsere Herzen gießt, erwecke in uns die selige Hoffnung für die Ankunft deines Reiches.
Möge deine Gnade uns zu fleißigen Sä-Leuten des Samens des Evangeliums verwandeln, möge die Menschheit und der Kosmos auferstehen in zuversichtlicher Erwartung des neuen Himmels und der neuen Erde, wenn die Mächte des Bösen besiegt sein werden und deine Herrlichkeit für immer offenbart werden wird.
Möge die Gnade des Jubiläums in uns Pilgern der Hoffnung die Sehnsucht nach den himmlischen Gütern erwecken und über die ganze Welt die Freude und den Frieden unseres Erlösers gießen. Gepriesen bist du, barmherziger Gott, heute und in Ewigkeit. Amen.