Rom am Esquilin (einer der sieben Hügel). Pilgerinnen und Pilger drängen sich durch die Heilige Pforte von Santa Maria Maggiore. Unter einer vergoldeten Kassettendecke schimmert das goldene Licht der Apsis-Mosaiken in dieser Patriarchalbasilika. Sie geht im Gegensatz zu den drei anderen Papstbasiliken nicht auf Kaiser Konstantin, sondern auf Papst Sixtus I., ein römisches Mäzenaten-Ehepaar und ein Schneewunder zurück.
Santa Maria Maggiore gilt als die älteste Marienkirche der Christenheit. Ihre Weihe im Jahr 432 stand im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Konzil von Ephesus (431), das Maria als Theotokos, als „Gottesgebärerin“, verkündete. Damit wurde die Kirche auf dem Esquilin zu einem sichtbaren Bekenntnis des Glaubens, dass in Christus Gott selbst Mensch geworden ist – und dass durch Maria das Heil in die Welt trat.
Doch der Ursprung dieser Kirche ist nicht nur historisch, sondern auch wundersam. Der Legende nach erschien in der Nacht zum 5. August 358 Maria dem römischen Patrizier Johannes und Papst Liberius im Traum. Sie bat darum, an dem Ort eine Kirche zu errichten, an dem sie am nächsten Morgen Schnee finden würden – mitten im heißen römischen Sommer – und das war besagter Esquilinhügel.
Das älteste Mosaik der Basilika – im Mittelschiff und am Triumphbogen – erzählt in leuchtenden Farben die Glaubenswahrheit: Szenen aus dem Leben Marias und Christi verbinden Altes und Neues Testament, Verheißung und Erfüllung, Hoffnung und Heil. Unter dem Hauptaltar ruht eine Reliquie der Krippe von Betlehem – feine Holzreste, die einst das Kind getragen haben sollen.
Im Seitenschiff über dem Marienaltar der Cappella Paolina thront das berühmte Gnadenbild Salus Populi Romani – „Heil(erin) des römischen Volkes“. Dieses byzantinische Ikonenbild, auf Holz gemalt und vermutlich aus dem 6. Jahrhundert, zeigt Maria mit dem Kind, das sie in der linken Hand hält. Seit Jahrhunderten kommen die Römer hierher, um in Krisenzeiten Zuflucht zu suchen. Auch Päpste haben diese Ikone immer wieder in die Stadt getragen, um Trost, Hoffnung und Heil zu erflehen. Papst Franziskus besuchte sie regelmäßig vor und nach seinen Auslandsreisen.
Die Salus Populi Romani stellt eine doppelte Frage: Woher kommt uns Heil und wer verschafft uns Heil? Die Antwort ist zutiefst mariologisch: Maria ist nicht Ursprung des Heils, sondern dessen „transparentes Gefäß“. Sie ist die „Mutter des Heils“, weil sie in vollkommener Freiheit Ja sagte zu Gottes Heilswillen. Das bedeutet: Wer in der Basilika Santa Maria Maggiore betet, kann erfahren, dass Heil und Heilung aus der Beziehung zu Christus erwachsen. Die Ikone erinnert daran, dass Heil nicht nur körperliche Unversehrtheit bedeutet, sondern Wiederherstellung der Beziehung – zu Gott, zu anderen, zu uns selbst. In Mariens Blick liegt Trost, aber auch Auftrag: Wir sollen das Heil, das uns geschenkt ist, weitertragen.
Die Kirche ist auch Grablege von sieben Päpsten, darunter der erste Franziskanerpapst Nikolaus IV. und Papst Franziskus. „Es ist ein schöner Name: Salus Populi Romani“, hat Franziskus einmal in einer Predigt in Santa Maria Maggiore gesagt und auch erklärt, wie er sich den Beistand Mariens vorstellt: „Die Mama hilft ihren Kindern stets auch, mit einem gewissen Realitätssinn die Probleme des Lebens zu betrachten. Sich nicht in diesen Problemen zu verlieren, sondern sie mit Mut anzugehen, in einer guten Mischung aus Sicherheit und Risiko.“ Das soll heißen: Aus Beziehung kann Heilung geschehen, wenn der Mensch sich öffnet für den, der Heil macht – durch Maria zu Jesus.