Stürmische Zeiten, in denen alles drunter und drüber geht, chaotische Zustände, die alles ins Wanken bringen – sie begleiten das Leben einzelner Menschen, Familien, Gruppen oder gar Völker. Es sind Erfahrungen, die den Glauben erschüttern können oder in denen Gott den Menschen fremd, gespenstisch wird. Sie fragen sich: Wo ist Gott? Warum lässt er die Katastrophe, das Unglück oder Schicksal zu?
Auch Jesus und die Jünger leben in stürmischen Zeiten. Neben der existentiellen Not, von der ein Großteil der Bevölkerung betroffen ist, gibt es Überfälle, Anschläge und Gewalt. Jesus und die Jünger erreicht die Nachricht, dass ihr Freund Johannes der Täufer von Herodes hingerichtet wurde (Matthäus 13,3–12). Jesus will sich zurückziehen, aber die Menschen drängen sich um ihn. Sie haben Redebedarf. Wie kann und soll es weitergehen? Am Abend wollen die Jünger die Menschen wegschicken, damit sie sich etwas zu essen kaufen. Doch Jesus interveniert: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Matthäus 13,16b). Es ist eine erste Antwort Jesu auf die Krise, auf die stürmische Zeit. Solche Zeiten sind nur mit Zusammenhalt und dankbarem Teilen (Eucharistie) zu bestehen.
Wir finden dann eine weitere Antwort, um Krisen und Herausforderungen zu begegnen. Nach der „Brotvermehrung“ entlässt Jesus die Menschen. Sie sollen nach Hause gehen, die Jünger aber heißt er ans andere Ufer hinüber zu fahren.
Es ist ein Aufbrechen, ein Verlassen des gewohnten Denkens, des bisherigen Lebens, das Wagnis eines Neuanfangs. Jesus selbst geht auf einen Berg und betet. Der Tod eines Freundes bewirkt eine Krise, weckt Ängste und zieht hinunter. Jesus geht hinauf.
Das Hinaufgehen verbindet er mit Gebet. Er holt sich Kraft und Orientierung aus den Liedern Davids, den Psalmen. Dieses Beten trägt ihn und lässt ihn über die Chaosfluten, stürmische Zeiten, Ängste und Widerwärtigkeiten hinweggehen.
Die Jüngerinnen und Jünger fürchten inzwischen, mit dem Boot unterzugehen.
Mit großem Einsatz schöpfen sie Wasser, aber alle Anstrengung reicht nicht aus. Ohne ihn gerufen zu haben, kommt ihnen Jesus über den See entgegen. Er kommt um zu retten.
Den Jüngern ruft Jesu zu: „Habt Vertrauen, ich bin es. Fürchtet euch nicht!“ (Matthäus 14,27b). Die Aufforderung „Fürchtet euch nicht!“ kommt in der Bibel 366-mal vor. Sie steht über jedem Tag eines Jahres: Lebe den Tag ohne Furcht! Hab keine Angst vor dem Leben – bei allen Unsicherheiten – und hab keine Angst vor dem Tod, der dunkel erscheint.
So wächst bei den Jüngerinnen und Jüngern der Glaube: Jesus ist mehr als ein Gespenst. Gerade in Not geratene Menschen dürfen mit seiner rettenden Nähe rechnen.
Nachdem Petrus erstes Vertrauen gefunden hatte, lässt er sich von Jesus sogar aus dem Boot rufen. Jesus sagt zu ihm: Komm! (Mt 14,29). Es trägt: sein Wort, sein Dasein. Als Petrus allerdings den Blick von Jesus abwendet und nur noch den Sturm, den Wind, die Wellen und Wogen, das heißt die widrigen Umstände sieht, beginnt er zu sinken. Es folgt von Jesus wiederum kein Vorwurf, sondern er streckt Petrus sofort seine rettende Hand entgegen. Sie hält ihn über Wasser und führt ihn und die anderen ans neue Ufer.
Im Aufbrechen an ein anderes Ufer können sich unterschiedliche Lebenserfahrungen spiegeln, wie: das Einlassen auf eine Beziehung, die Geburt eines Kindes, der Wechsel einer Arbeitsstelle, eine schwere Erkrankung, Konflikte, Versöhnungsversuche und auch das Sterben. Es sind in den meisten Fällen stürmische Zeiten. Die Erzählung weist auf mehrere Aspekte hin, wie wir ihnen begegnen können: Das Gespräch, das Gebet, das dankbare Teilen und in allem bewahre den Blick auf Jesus. Schließlich finden wir die Zusage, dass es eine Hand gibt, die Sorge für das Ankommen trägt.
Vertrauen lernen (1/4)
Die Welt ist unsicher: Kriege, Klimawandel, Wirtschaftskrise, Pandemie – Menschen verlieren den Boden unter den Füßen. Die Angst wächst, und Heilsversprechen, die einfache Lösungen anbieten, nehmen zu.
Auch in der Bibel finden sich herausfordernde Situationen: Sturm und Gegenwind, Menschen, die ins Ungewisse aufbrechen – und darin die Erfahrung, dass Vertrauen trägt: Vertrauen ist nichts, was man einfach hat. Es wächst, wenn man den ersten Schritt geht...
Der Autor dieser Folge ist Erich Baldauf. Er ist Pfarrer in Hard und Fachreferent für Bibelpastoral der Diözese Feldkirch.
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Ohne Vertrauen geht es nicht. Die Bibel ist voll von Vertrauenstexten. Der Linzer Bibelkurs spürt Texten aus dem Neuen Testament nach (Mt 14,22–36, Mk 4,35–41, Apg 27, Phil 4,4–7).
Ob Petrus, der den ersten Schritt wagt, ob die Jünger, die Angst haben, ob Paulus, der Schiffbruch erlebt – alle stehen sie in Momenten, die man auch heute kennt: unsicher, überfordernd, riskant. Aber immer wieder wird deutlich: Man ist nicht allein unterwegs. In den vier Abenden des Linzer Bibelkurses werden Texte des Neuen Testaments zu den Themen Vertrauen, Leichtigkeit und Mut und der daraus folgenden Freude mit verschiedenen Methoden ins Gespräch gebracht und mit den Erfahrungen unserer Zeit verknüpft.
Infos und Anmeldung:
www.bibelwerklinz.at
„Der Zauber des Neuen Testaments“: Seminarreihe für Menschen, die sich nach einem Zugang zu oft unverständlichen Bildern und Sprechweisen der Bibel sehnen.
Wo: St. Virgil, Salzburg
Schnuppertag: Freitag, 16. Jänner,
14 – 21 Uhr. Thema: Apokryphe Texte der ersten Jahrhunderte.
Infos und Anmeldung:
Bibelreferat der Erzdiözese Salzburg
0662/8047-2070, bibelreferat@eds.at
www.kirchen.net/bibelreferat
www.virgil.at