
Salzburg/Tirol. Seit mehr als 20 Jahren ist die mittlerweile längst österreichweit gefeierte „Lange Nacht der Kirchen“ ein Phänomen. Sie vereint einen Abend, eine Nacht und oftmals schon einen ganzen Tag lang ein weltliches und kirchliches, traditionelles und modernes Angebot: Liturgie und Ökumene, Jugend- und Familienprogramm, Vorträge und Führungen, Pilgern und Besinnung, Begegnungen und Kulinarik, Tanz und Theater – und mittendrin: Musik, Musik, Musik. So wie in Salzburg, wo am 23. Mai in verschiedensten Besetzungen und Stilrichtungen gesungen und musiziert wird.
Thematisch schwebt über allen Veranstaltungen das Motto des Heiligen Jahres: Hoffnung! Als Zitat aus dem Buch Jeremia (29, 11) prangt es auf dem Titel des Programmheftes („Ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben“) und auch manch Musikschaffende ließen sich davon leiten. So erklingt in der Salzburger Stiftskirche St. Peter mit der Uraufführung „Auszug!“ ein Werk, das von der biblischen Erzählung des Auszugs aus Ägypten inspiriert ist. „Ein starker Bezug zu den heutigen Migrations- und Fluchtbewegungen. Letztlich sind wir alle Pilger der Hoffnung, ob man es nun örtlich oder geistig sieht“, betont der Stiftskapellmeister und Organist Peter Peinstingl (im Bild unten rechts).
Zum Konzept des Werkes erklärt er: „Das Grundgerüst sind Chöre aus dem Oratorium ,Israel in Egypt‘ von Georg Friedrich Händel, kombiniert mit modernen Improvisationen und einer Lichtinstallation.“ Die Texte des Librettos wurden von der Theologin und Ordensschwester Michaela Puzicha arrangiert, die als langjährige Leiterin des Salzburger Institutes für Benediktinische Studien eng mit St. Peter verbunden ist und dem Werk eine „benediktinische Spiritualität“ einhauchte.
Unterstützend für die Lichtinstallation konnten die Salzburger Festspiele gewonnen werden. „Das ist schon sehr speziell. Es wird versucht, die Feuersäule, der das Volk Israel durch die Wüste folgte, plastisch und optisch in der Kirche darzustellen. Eine Reise durch Dunkelheit und Licht“, sagt Peinstingl. „Der Herr zog vor ihnen her, bei Tag in einer Wolkensäule, um ihnen den Weg zu zeigen, bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten“, lautet der zugehörige Querverweis zum Buch Exodus (13,21).
Tipp: „Auszug!“ wird in der Langen Nacht in der Stiftskirche St. Peter aufgeführt; Beginn 20.15 und 21.45 Uhr, Dauer jeweils eine Stunde.
Mit der Musik Gott zu ehren und die Menschen zu erfreuen, war auch ein Anliegen des gläubigen Christen Johann Sebastian Bach. Werke des großen Komponisten werden vom Mirabell Duo des Mozarteums in der Franziskanerkirche interpretiert. „Eine Kirche ist genau der richtige Ort, um die Bach-Suiten zu spielen. Sie sind wie ein Gebet und der Widerhall der beeindruckenden Franziskanerkirche trägt zum spirituellen Erlebnis bei“, freut sich Cellistin Annabel Hauk (im Bild oben) gemeinsam mit Pianistin Yu Nitahara auf ihr Konzert in der Langen Nacht der Kirchen. Zumal die 25-jährige Deutsche schöne Erinnerungen mit dem Aufführungsort verbindet. 2022 nahm Hauk die Bach-Suiten für Cello in der Franziskanerkirche für ein YouTube-Video auf und feierte mit fast einer Million Aufrufen im Internet einen durchschlagenden Erfolg.
Eine Kirche ist genau der richtige Ort, um Bach-Suiten zu spielen. Sie sind wie ein Gebet.
„Dabei spiele ich nur sehr selten Kirchenmusik“, äußerte sich die Mozarteum-Masterstudentin überrascht ob der vielen Online-Klicks. Was die eigene Gläubigkeit anbelangt, wurde Annabel Hauk zwar getauft und christlich erzogen, gesteht aber: „Ich bin noch auf der Suche – und die Musik ist definitiv ein Teil davon. Ich musiziere auch, um eine Verbindung zu etwas Größerem herzustellen.“
Tipp: „Mit Bach in die Nacht“ – von 21.15 bis 22.15 Uhr in der Franziskanerkirche Salzburg.
Was sich für Musikliebhaber vor der Langen Nacht der Kirchen auf alle Fälle lohnt, ist ein ausgiebiger Blick ins fast 100 Seiten starke Programmheft für Salzburg oder auf die Website www.langenachtderkirchen.at. Ein Vorgeschmack auf den bunten Reigen in der Stadt Salzburg: Volksgesang und Volksmusik im Kapuzinerkloster, Evensong am Nonnberg, ein „Labyrinth der Sinne“ mit Musik, Tanz und Performances in der Kollegienkirche, Jazz in der Pfarrkirche Mülln und der Franziskanerkirche (dort erklingt auch Mystisch-Meditatives von der Virgilschola sowie Worship-Musik von Blessing Beats), Ukrainische Musik in St. Markus.
Weiter spannt sich der Bogen über Chormusik mit Susi‘s Delight und Vokale Randale (YoCo), Orgel und Cembalo (Dompropstei), Harfe und Hackbrett (St. Michael am Residenzplatz), A-cappella-Ensembles in St. Michael und Mülln, Disco- und House-Beats (Andräkirche), Gospels und Spirituals (Altkatholische Kirche), Swing und Pop (Sacellum), Orgel und Poetry bis zu einem Orgel-„Zweikampf“ (jeweils in der Dreifaltigkeitskirche).
Allein der Salzburger Dom bietet zu verschiedenen Stunden Chormusik, Taizé-Lieder, Orgelklänge und einen Kurzauftritt von „Sound of Music“-Nachfahrin Elisabeth von Trapp, die „Lieder der Hoffnung und Zuversicht“ singt. In St. Peter erklingen auch Gregorianische Choräle sowie ein Konzert mit dem Landesblockflötenorchester. Für Stimmung im Stiftshof sorgen mit Volks- und Weltmusik AUTländisch und die Salzburger Nockerl.
Die Mostviertler Stubmtischmusi kommt ins Kapuzinerkloster (Bild oben), die Django Partie „swingt“ im Sacellum der Uni.
Verlässt man die Grenzen der Stadt, lässt sich Musikalisches in Bergheim, Elixhausen (Evensong) und Saalfelden (Orgel, Oboe, Chorkonzert) aufspüren. In Tirol beteiligen sich Waidring, Brixen im Thale (Weisenbläser) und Hopfgarten musikalisch an der Langen Nacht der Kirchen.
Shuttlebus aus dem Lungau
Aus dem Lungau fährt ein Gratis-Shuttlebus zur Langen Nacht der Kirchen in die Stadt Salzburg. Einstieg: Parkplatz Schulzentrum Tamsweg (15.30 Uhr), Ortsmitte Unternberg (15.45 Uhr), St. Michael Au (16 Uhr). Rückfahrt: 24 Uhr.
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