Reith im Alpbachtal. Hier wird gerade gezupft und geschnitten. Dort verlangt die Rose nach einer neuen Fasson und weiter drüben will der Salbei geerntet werden. Reith im Alpbachtal ist der Ort im Tiroler Unterland, der sowohl für das Forum Alpbach, als auch für seine Blumenpracht im Dorf bekannt ist. Und der Ort darf sich mit noch einer Besonderheit rühmen. Hier ist der einzige Hildegard-von-Bingen-Verein Tirols beheimatet.
In dem fast 900 Quadratmeter großen Grundstück, das die Gemeinde Reith und drei Bauern des Ortes zur Verfügung stellen, halten die fleißigen Frauen das Vermächtnis der heilkundigen Benediktiner-Äbtissin lebendig. Alle helfenden Hände stellen unzählige Arbeitsstunden ehrenamtlich zur Verfügung. Jeden Mittwochvormittag, von Mai bis Oktober, treffen sich sechs bis acht Damen, um den Hildegard-Garten liebevoll zu hegen und zu pflegen. „Auch zwei Männer unterstützen uns bei der Teicharbeit und beim Rasenmähen“, erzählt Obfrau Maria Schellhorn. In diesem blühenden Paradies pflegen die Vereinsmitglieder nicht nur die Fauna und Flora, sondern ebenso die Freundschaft untereinander.
Schau- und Erholungsgarten nennen die Alpbacherinnen ihre Naturoase, die viele Interessierte anlockt. Der Eintritt ist frei, das Erlebte unbezahlbar, freiwillige Spenden werden dankbar angenommen.
Nicht umsonst heißt es, dass Garteln gut für Seele und Körper sei. Die Kräuterkundigen laden bei speziellen Führungen auf eine Entdeckungsreise durch eine gedeihende Welt ein, die in der Weisheit der Hildegard von Bingen wurzelt.
Mit ihrer Gabe, die Zusammenhänge der Schöpfung zu erkennen, gab sie ihr Wissen zum wahren Gesundsein und Hilfe zur Heilung weiter. Beides könne nur in Verbindung zwischen Mensch und Natur und einem harmonischen Zusammenwirken von Körper, Geist und Seele sowie die Bindung an Gott erlangt werden, lehrte sie.
„In der heutigen Zeit ist die Hildegardlehre aktueller denn je. Sie sagte, der Mensch soll nach den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde leben und das tun wir hier“, sagt die Obfrau.
Lieblingspflanze habe sie selbst keine, eine jede sei gleich wichtig. Und doch gibt es manchmal Blumen, die wohl eine bestimmte Aufgabe im Garten übernehmen. „Im vergangenen Jahr zeigten sich besonders viele Königskerzen. Beim Eingang standen sie wie Wächterinnen da.“
Ganz wachsam und hilfsbereit geben die Frauen des Vereins den Leuten, die um Ratschläge aus der Hildegardkunde bitten, Auskunft. „Sogar aus Bayern und aus der Schweiz kommen Menschen hierher.“
Auf die Frage, was sich die Obfrau für die Zukunft wünscht, antwortet sie nachdenklich: „In dieser unruhigen Zeit ist viel an Dankbarkeit und Achtsamkeit verloren. Es würde allen guttun, dies wieder zu praktizieren.“
In diesem Jahr dominierte die Königskerze.
Gemeinsame Ausflüge der emsigen Damenrunde gehören auch dazu, um die Gemeinschaft zu stärken.
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