Salzburg. Sie sind schon fast so lange in Salzburg, wie der Krieg in der Ukraine tobt – und sie machen das Beste aus ihrem Leben fern der Heimat. Ihr Glaube, ihre Familien sowie die Liebe zur Musik geben Halyna, Valentyna und Natalia seit jenem 24. Februar 2022, als russische Soldaten in ihr Heimatland einmarschierten, Kraft und Hoffnung.
„Unser erster Weg in Salzburg führte uns in die ukrainische Kirche. Es war uns wichtig, etwas für unsere Seele zu suchen und zu finden – und auch unsere Kultur zu pflegen. Das stärkt uns sehr“, übersetzt der ukrainische griechisch-katholische Pfarrer Vitaliy Mykytyn in einem Nebenraum der Salzburger Markuskirche für uns die Worte von Valentyna Graff. Etwas später wird sich die Pianistin, die in der Ukraine auch einen Chor leitete, ans Klavier setzen und den Gesang ihrer Kolleginnen begleiten. Regelmäßig proben die Damen hier, um zu Hochfesten und manch anderer Veranstaltung die Kirchengemeinde oder ein weltliches Publikum zu erfreuen. Als sie noch im Grundversorgungsquartier in Wals wohnte, spielte Valentyna Graff sogar für einen äußerst prominenten Besucher: Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
Die gelebte Leidenschaft für die Musik mag die drei Ukrainerinnen etwas über eine belastende Gemeinsamkeit hinweg trösten: Ihre Familien befinden sich aktuell allesamt in der umkämpften Heimat. „Ich kam ursprünglich mit meiner Tochter und den zwei Enkelkindern nach Salzburg, aber sie sind nach einem Jahr wieder zurück in die Westukraine“, erzählt Halyna Terlecka. Umso wichtiger ist ihr der regelmäßige Kontakt: „Wir telefonieren jeden Tag, jeden Tag!“ Die Musikerkolleginnen nicken beipflichtend, ist es doch mit ihren Familien kaum anders.
Was die Verwandten bei diesen Telefonkontakten erzählen, ist freilich bedrückend. „Mindestens fünfmal am Tag heulen die Alarmsirenen, dann werden die Kinder sofort von Schule und Kindergarten abgeholt. Das ist kein normales Leben.
Mindestens fünfmal am Tag heulen die Alarmsirenen. Das ist kein normales Leben.
Generell sind auf den Straßen kaum noch Menschen, als ob die Stadt bereits ausgestorben wäre“, berichtet Natalia Melua von den Zuständen in Tschernihiw nördlich der Hauptstadt Kiew. Auch Valentyna Graffs Familie hat Sorgen wegen der Raketen: „Das Schlimmste ist, dass vielfach auf die Zivilbevölkerung und zivile Gebäude geschossen wird.“
Zwei Jahre Krieg in der Heimat – auch gegen dieses Trauma richtet sich die Musik der Ukrainerinnen. Eine von Studierenden mitgestaltete Feier am 10. März im Markussaal des Salzburger YoCo (Gstättengasse 16) ist dem 210. Geburtstag des ukrainischen Nationaldichters Taras Schewtschenko gewidmet. Halyna Terlecka singt dabei nicht nur, sie steuert auch eigene Werke bei. Stolz präsentiert sie zum Abschluss des Gesprächs noch ein selbst komponiertes Liederbuch, inklusive Grußwort von Erzbischof Lackner.
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