Salzburg. Es war einfach nicht mehr so wie vorher. Diffus und nicht greifbar hat sich diese Ungewissheit eingeschlichen. „Mein Mann war immer ein hervorragender Skifahrer und plötzlich ist er öfter hingefallen“, erinnert sich Susanne Schmidt-Neubauer. Die Demenzberaterin ist selbst betroffen, seit ihr Mann die Diagnose Alzheimer-Demenz bekam.
„Zuerst dachten wir, seine Gedächtnisstörungen kommen von einem Burnout. Es kam der Tag, an dem er nicht mehr arbeiten konnte. Im Krankenstand wurde er gekündigt. 2018 dann die Diagnose: früh beginnende Alzheimer-Demenz. Ich verlor meinen Job, weil ich auf Teilzeit umsteigen wollte. Plötzlich waren wir beide ohne Arbeit und die Invaliditätspension meines Mannes war noch nicht bestätigt. Ich war zu diesem Zeitpunkt 48, mein Mann 56“, erzählt die gebürtige Kärntnerin, die der Liebe wegen an den Achensee zog. „Nach der Diagnose haben wir unsere Liebe besonders gefeiert – wir haben ganz zauberhaft geheiratet.“
„Manfred hat diese Diagnose relativ schnell akzeptiert. Ich habe länger gebraucht und mir auch Hilfe geholt.“ Seit zwei Jahren lebt ihr Mann nun in einem Pflegeheim. „Wir haben immer gesagt, wir ziehen in die ‚zweite Wohnung‘, wenn seine Bedürfnisse zuhause nicht mehr erfüllt werden können. Manfred hat die Entscheidung selbst getroffen.“
In der Zeit der Pandemie habe ich eine Lebens- und Sozialberaterinnen-Ausbildung abgeschlossen, um als Demenzberaterin zu arbeiten. „Mein Mann und ich haben uns überlegt, an die Öffentlichkeit zu gehen – als Beispiel für andere Betroffene, die schon in jüngeren Jahren erkranken und mitten im Leben stehen.“
2020 lernte Susanne Schmidt-Neubauer die Demenzberaterin Katja Gasteiger von der Caritas Salzburg kennen. „Die Fortbildung ,EduKation Demenz‘ veränderte mein Leben. 2022 starteten wir die Selbsthilfegruppe ‚Der Garten‘, eine Anlaufstelle für Angehörige von jüngeren Menschen – unter 65 Jahren – mit Demenz mit mir als Beraterin.“ Der Name „Garten“ war Manfreds Idee.
Das Leben ist viel größer als die Krankheit.
„2025 dürfen wir das Angebot ,Der Garten‘ österreichweit anbieten. Es ist die erste Kontakt- und Kompetenzstelle mit Demenzberatung, bedarfsorientierten psychosozialen Einzelgesprächen und virtuellen Peer-Groups zum Erfahrungsaustausch. ,Der Garten‘ steht für ein Stück Paradies“, sagt die Demenzberaterin. „Es ist ein besonderer Ort für Angehörige. Es ist für jeden ein Lernfeld, hin zum Menschen – ich konnte so viel aus dieser Herausforderung lernen und erkennen: Das Leben ist viel mehr als die Erkrankung.“
Susanne Schmidt-Neubauer ist sich sicher: „Mein Mann ist ein glücklicher Mensch mit Demenz. Wenn Bedürfnisse erfüllt werden und wir hinter Worte blicken, ist die Freude am Leben das, was wir lernen können. Trotz dieser furchtbaren Krankheit ist das Leben kostbar. Ich bin dankbar, meinen Mann begleiten zu dürfen.“
wissenswert
„Der Garten“
Susanne Schmidt-Neubauer
Demenzberaterin – Servicestelle Demenz, Leiterin „Der Garten“ für Angehörige von jung betroffenen Menschen
Kontakt: 0676/848210–548
susanne.schmidt-neubauer@caritas-salzburg.at
Susanne Schmidt-Neubauer mit Angehörigen beim ersten Präsenztreffen „Der Garten“ in Salzburg.
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