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Wenn er an den Anfang denkt, muss Reinhold Oster herzlich lachen. Als er den Kolleginnen und Kollegen der Hilfsorganisation Fundación Madre Herlinda Moises (FMHM) vom geplanten Grundstückskauf erzählte, waren alle skeptisch. „Jetzt will der Deutsche eine Finca“, habe man damals getuschelt. Heute seien alle stolz auf die „Oasis de Jacquin“, einem umweltpädagogischen Lehrgarten, der an der Karibikküste seinesgleichen sucht. Oster leitet in Pasacaballos die einst von der Salzburger Missionarin Maria Herlinde Moises gegründerte Stiftung FMHM.
Mangos, die nach Zimt duften, Mais und Papaya für den Selbstanbau oder eine Wetterstation: Wer heute entlang des Pflanzenlehrpfades der knapp zwei Hektar großen Oase wandelt, denkt nicht mehr an die Mühen des Beginns. Anfangs sei hier nur eine drei mal drei Meter große Hütte mit Toilette gestanden, erzählt FMHM-Leiter Reinhold Oster im Interview (Spalte rechts). Irgendwann seien dann Spenden geflossen, von vielen Organisationen wie dem Rotary Club oder der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung. Aus Österreich kommt Geld von Sei So Frei, der entwicklungspolitischen Organisation der Katholischen Männerbewegung (KMB) oder über das Außenministerium, genauer: dem „Club 0,7%“. Von Ministeriums-Mitarbeitenden im Jahr 1988 gegründet, will der Verein aktiv Entwicklungshilfe leisten – und laut Website „sicherstellen, dass Hilfe ohne Zusatzkosten direkt bei den Bedürftigen ankommt“. In den Anfangsjahren der Oase finanzierte „Club 0,7%“ das Bienenhaus, das heute Schulklassen und Studierenden der Universität Cartagena als Lehrmodell dient und Umweltdaten liefert.
Neben der monetären Hilfe braucht die Oase auch Unterstützung anpackender Hände sowie heller Köpfe. So sei es der Feldforschung und Abschlussarbeit zweier Studierender aus Österreich gedankt, dass die Gärtnerei windtechnisch gut platziert wurde und heute dort steht, wo nur ein leichtes Lüftchen weht. Statt einem ursprünglich geplanten Besprechungshaus wurden drei kleinere Hütten gebaut, aus Lehm und mit luftdurchlässig kühlem Palmendach.
Bei so viel Österreich-Bezug verwundert auch der Name des nachhaltigen Grünraums nicht. Benannt ist die „Oasis de Jacquin“ nämlich nach dem 1817 in Wien verstorbenen Nikolaus Joseph Freiherr von Jacquin. Der Arzt und Botaniker beschrieb erstmalig Tier- und Pflanzenarten und lieferte damit eine Grundlage für Naturbegeisterung und Umweltschutz in Theorie. Die Praxis eines guten Leben hingegen wird sichtbar in einer nach ihm benannten Oase in Kolumbien.
Den Eingang der Oase schmückt „Pacha Mama“ (Bild oben). In der aktuellen Umweltschutzbewegung steht sie für Hoffnung auf ein Leben im Einklang mit der Natur. Der Pacha-Mama-Gedanke als Grundprinzip eines guten Lebens fand in Ecuador sogar Eingang in die Staaatsverfassung.
Im Gespräch
Reinhold Oster leitet ehrenamtlich seit 2004 die Fundación Madre Herlinda Moises (FMHM).
Naturschutz gegen Armut
RB: Warum hat eine Stiftung gegen Armut eine Oase?
Reinhold Oster: In der Oase werden Menschen ausgebildet und finden Arbeit. Unsere Stiftung macht integrale Pastoralarbeit, das heißt: Wir integrieren Bedürftige in die Hilfsaktivitäten. Erst wernn Menschen lernen, sich selbst zu helfen, wird Armut nachhaltig beseitigt.
RB: Die „Oasis de Jacquin“ war Ihre Idee. Wie kam es dazu?
Oster: Im Jahr 2007 bekam die FMHM ein Gründstück angeboten, das günstig war, weil damals noch kein Weg hinführte. Wir kauften es und stellten eine kleine Hütte drauf, in der ein Kollege öfters übernachtete. Ein „bewohntes“ Haus war nämlich seitens der Regierung die Voraussetzung für das Verlegen von Wasser und Strom. Dann wuchs mit jeder Spende unsere Oase. Heute gibt es ein Bienenhaus mit Imkerei, einen Lehrpfad, einen Kräuter- und Gewürzgarten, eine Baumschule, eine Wetterstation und vieles mehr. Wir bilden 30 sozial Benachteiligte zu Gärtnern aus, ein Beruf, der stark nachgefragt wird.
RB: Wie sieht die Zukunft aus?
Oster: In Kolumbien darf jeder Sonnenstrom erzeugen. Wir könnten deshalb über der Gärtnerei Agrar-Paneele montieren. Zu einer Oase gehören Luftschlösser (lacht). Wer weiß: Vielleicht hat die Stiftung bald ihre eigene Energiegemeinschaft.
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