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Er war Ministrant und besuchte eine katholische Schule. Papst Leo XIV. stammt aus einer stark religiös geprägten Familie. Der Sohn eines Schulleiters und einer Bibliothekarin ist der jüngste von drei Brüdern. Laut seinem Bruder John wollte er schon als Schulkind Priester werden. Demnach „zelebrierte“ der kleine Robert Prevost nicht nur die „Messe“ am heimischen Bügelbrett, das als Altar diente. „Er kannte alle Gebete auswendig, auf Englisch und Latein.“
Tatsächlich macht er 1977 ernst, tritt in den Augustinerorden ein und absolviert das Kirchenrechtsstudium in Rom. 1981 legt er das Ewige Gelübte ab, 1982 wird er zum Priester geweiht.
Immer wieder führt ihn sein Lebensweg nach Peru. Schließlich ernennt ihn Papst Franziskus im November 2014 zum Interimsverwalter im Nordwesten des Landes. Nur einen Monat später wird er zum Bischof von Chiclayo geweiht. Damit er die weiten Entfernungen überwinden kann, ritt der damalige Bischof Prevost (im Bild) oft mehrere Stunden auf Feldwegen, bestätigte Schwester Karina Gonzales Risco. „Um den Menschen nahe zu sein, hat er die Transportmittel des Volkes genutzt. Das war seine Art, einer von uns zu sein.“ Von 2014 bis zu seiner Berufung an die Kurie in Rom 2023 wirkt der jetzige Papst in der peruanischen Diözese. „Als 2023 der Norden Perus von starken Niederschlägen betroffen war, habe sich der Bischof unermüdlich für die Betroffenen eingesetzt. „Er wollte bis zum Ende helfen, auch als er die Ernennung für Rom schon hatte.“ Bilder von damals zeigen den heutigen Papst als Bischof in Gummistiefeln durch die überfluteten Straßen stapfen.
Seine Liebe zum Nächsten beweist er auch, als er im Jahr 2017 vom Perus Ex-Präsident Alberto Fujimori eine umfassende Entschuldigung für jedes einzelne Opfer seiner Regierungszeit fordert.
Nicht nur in Südamerika, auch in Wien, das er 2014 zum 675. Weihejubiläum der Wiener Augustinerkirche besuchte, setzen die Gläubigen der spanischsprachigen katholischen Gemeinde nun große Hoffnungen in ihren „Papa León“.
Für Valeria aus Mexiko war die Papstwahl „ein Neuanfang, fast wie eine Auferstehung: Mir kamen Freudentränen, als ich ihn am Balkon sah. So viel Frieden, so viel Ruhe. Es wirkte, als hätte Gott selbst ihn gerufen“. kap
Ein neuer Papst, in nur vier Wahlgängen auserwählt, man versucht ihn einzuordnen: Augustiner-Mönch, erster Amerikaner, aber einer der die Zuordnung in Nord und Süd aufsprengt, Mann der Mitte, wobei die klare Bezeichnung dessen, was Mitte ist, fraglich ist. In seiner ersten Ansprache knüpft er mit dem Friedensgruß, der Einforderung von umfassender sozialer Gerechtigkeit oder dem Bekenntnis zu einer synodalen Kirche an seinen Vorgänger an, wählt aber nicht den Namen Franziskus II., als den ihn manche in der Funktion als „Testamentsvollstrecker“ seines Vorgängers gerne gesehen hätten, sondern Leo XIV. Damit stellt er sich in eine Tradition der katholischen Soziallehre, die Leo XIII. mit der Enzyklika „Rerum Novarum“ 1891 angestoßen hatte. Aber er ist auch nicht Leo XIII., sondern Leo XIV. mit seiner Einmaligkeit und seinem in der Erwählung durch Gott gelegenen Ausgriff auf das, was heute für Welt und Kirche Not-wendend und Heil-bringend ist.
Der Papst hat in der kurzen Zeit schon Wegmarken gesetzt, in der Bereitschaft, sich in Weggefährtenschaft der Kirche mit den Menschen auf Gott und sein Reich hin zu begeben; einer Haltung, der wir uns mit dem Motto „Leidenschaftlich für den von Gott zum Heil berufenen Menschen“ anschließen sollten, in der Bereitschaft, uns den Herausforderungen der heutigen Zeit und der Zukunft zu stellen.
Leopold Neuhold, österreichischer katholischer Theologe und Ethiker.
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