Aktuelles E-Paper
Monrovia. Liberia an der Westküste Afrikas ist eines der ärmsten Länder der Erde. Entsprechend bedrückend sind die Erzählungen von Bruder Lothar Wagner. Er setzt sich vor Ort mit Unterstützung der österreichischen Entwicklungsorganisation „Jugend Eine Welt“ seit Jahrzehnten für Kinder ein, die ihr Dasein in schwierigen Lebenssituationen fristen. „Es ist sehr aufwühlend, wenn man beim Rundgang über den Friedhof Kinder sieht, die aus den Grabstätten herauskrabbeln. Diese sind ihr Zuhause geworden, da nirgendwo anders Platz für sie ist. Sie leben mit den Toten“, berichtet der Theologe und Sozialpädagoge, der nach Stationen in Ghana, Sierra Leone und dem Südsudan seit mehr als vier Jahren in Liberia tätig ist. Bittere Armut, fehlende Arbeitsplätze, ein desolates Gesundheits- und Sozialsystem, zerrüttete Familienstrukturen sowie kaum Bildungsmöglichkeiten führen in dem 5,4-Millionen-Einwohner-Staat dazu, dass immer mehr Kinder und Jugendliche auf der Straße landen.
Die Arbeit ist sehr herausfordernd. Ich komme da selbst an meine Grenzen.
„Die Arbeit mit den Friedhofskindern ist sehr herausfordernd. Oftmals existieren die Familien der Kinder nicht, hinzu kommen Hunger, Krankheiten und Drogenprobleme. Ich komme da selbst an meine Grenzen“, schildert der langjährige Streetworker von den Salesianern Don Boscos. Anlässlich des „Tages der Straßenkinder“ besuchte er kürzlich Österreich und berichtete von seiner Arbeit, zu der auch der tägliche Besuch des heillos überfüllten Gefängnisses in Liberias Hauptstadt Monrovia zählt. Einst für 325 Insassen gebaut, verharren heute dort mehr als 1.500 Gefangene.
In einer kleinen Zelle, die für zwei Insassen vorgesehen ist, seien acht bis zehn Jugendliche untergebracht, beschreibt Bruder Lothar die „unmenschlichen Zustände“ in der Haftanstalt. Er bringt den verzweifelten jungen Menschen neben sauberem Trinkwasser und warmen Mahlzeiten auch seelischen Zuspruch. Ein Schwerpunkt: „Dass wir die Kinder nicht allein ihrer Einsamkeit überlassen und ihnen Hoffnung geben.“ Seine Motivation: „Der Glaube ist in meinem Leben zentral. Es geht darum, Gott im Alltag zu erkennen. Den jungen Menschen auf dem Friedhof oder im Gefängnis zu begegnen, bedeutet für mich, auch Christus beziehungsweise Gott zu begegnen.“
Die Organisation „Jugend Eine Welt – Don Bosco Entwicklungszusammenarbeit“ hilft vor Ort. Allgemeine Infos und Spendenkonto: jugendeinewelt.at
Aktuelles E-Paper