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„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist“ (Gen 2,18). Von Anfang an hat Gott, der die Liebe ist, den Menschen für die Gemeinschaft geschaffen, indem er seinem Wesen die Dimension der Beziehung eingeschrieben hat. So sind wir in unserem Leben, das nach dem Bild der Dreifaltigkeit geformt ist, dazu berufen, uns in der Dynamik von Beziehungen, Freundschaft und gegenseitiger Liebe voll zu verwirklichen. Wir sind dazu geschaffen, zusammen zu leben, nicht allein.
Dies trifft umso mehr in Zeiten der Gebrechlichkeit, Ungewissheit und Unsicherheit zu, die oft durch den Ausbruch einer schweren Krankheit verursacht werden. Die erste Behandlung, die wir bei Krankheit brauchen, ist eine Nähe voller Mitgefühl und Güte. Sich um einen kranken Menschen zu kümmern, bedeutet daher zuerst, sich um seine Beziehungen zu kümmern, um alle seine Beziehungen: zu Gott, zu den anderen – Familie, Freunde, medizinisches Personal –, zur Schöpfung, zu sich selbst. Ist das möglich? Ja, es ist möglich, und wir alle sind aufgerufen, uns dafür einzusetzen, dass es geschieht. Sehen wir auf das Vorbild des barmherzigen Samariters (vgl. Lk 10,25–37), auf seine Fähigkeit, den Schritt zu verlangsamen und zum Nächsten zu werden, auf die Güte, mit der er die Wunden seines leidenden Bruders versorgt.
Erinnern wir uns an die zentrale Wahrheit unseres Lebens: Wir sind auf die Welt gekommen, weil uns jemand aufgenommen hat, wir sind für die Liebe geschaffen, wir sind zur Gemeinschaft und zur Geschwisterlichkeit berufen. Dieser Aspekt unseres Wesens trägt uns vor allem in Zeiten von Krankheit und Gebrechlichkeit – und er ist die erste Therapie, die wir alle gemeinsam anwenden müssen, um die Krankheiten der Gesellschaft, in der wir leben, zu heilen.
Euch, die ihr unter einer vorübergehenden oder chronischen Krankheit leidet, möchte ich sagen: Schämt euch nicht für euren Wunsch nach Nähe und Zuwendung! Versteckt ihn nicht und denkt nie, dass ihr für die anderen eine Last seid. Der Krankenstand lädt alle dazu ein, die überdrehten Rhythmen, in denen wir uns befinden, zu zügeln und wieder zu uns selbst zu finden.
In dem Epochenwandel, in dem wir uns befinden, sind besonders wir Christen dazu aufgerufen, den barmherzigen Blick Jesu anzunehmen. Kümmern wir uns um diejenigen, die leiden und allein sind, vielleicht ausgegrenzt und beiseite geschoben. Lasst uns die Wunden der Einsamkeit und Isolation mit jener wechselseitigen Liebe heilen, die Christus, der Herr, uns im Gebet schenkt, insbesondere in der Eucharistie. So arbeiten wir zusammen, um der Kultur des Individualismus, der Gleichgültigkeit und des Wegwerfens entgegenzuwirken und die Kultur der Zärtlichkeit und des Mitgefühls wachsen zu lassen.
Die Kranken, die Schwachen, die Armen befinden sich im Herzen der Kirche und müssen auch im Mittelpunkt unserer menschlichen Achtsamkeit und unserer seelsorglichen Mühen stehen. Das dürfen wir nicht vergessen! Vertrauen wir uns der allerseligsten Jungfrau Maria an, Heil der Kranken, damit sie für uns Fürsprache einlegt und uns hilft, Nähe und geschwisterliche Beziehungen aufzubauen.
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