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RB: Gewaltfreie Kommunikation: Was ist darunter zu verstehen?
Margit Greisberger-Gruber: In der „Gewaltfreien Kommunikation“ (kurz GfK) von Marshall Rosenberg geht es darum im Gespräch eine Welt zu erschaffen, in der unsere eigenen Bedürfnisse und die meines Gegenübers gehört und respektiert werden. Dabei steht zum Beispiel in Konflikten das Finden gemeinsamer Lösungen im Vordergrund, wodurch die gegenseitigen Bedürfnisse erfüllt werden. Wir als Gesellschaft haben oftmals nicht gelernt die eigenen Gefühle und Bedürfnissen auszudrücken und ehrlich und offen Konflikte zu lösen. Die GfK kann mit verschiedenen Gesprächstechniken dabei helfen wertschätzende Beziehungen und friedliche Konfliktlösungen im Alltag und im Berufsleben zu entwickeln.
RB: Gewalt im Handeln ist offensichtlich, aber Gewalt im Reden ist viel subtiler – wie ist sie zu erkennen?
Greisberger-Gruber: Gewalt im Reden wird als verbale Gewalt beschrieben. Sie bezeichnet die Verletzung einer Person durch Worte. Dabei ist wichtig, dass diese verletzenden Worte über die Zeit hinweg zu ähnlichen psychischen Schäden führen können, wie körperliche Übergriffe.
Beispiele sind hierbei Abwertungen, wie „du wieder mit deinem Jammern“, Beleidigungen und Beschimpfungen mit Schimpfwörtern, Drohungen und Einschüchterungen, Schreien, ständige Kritik und auch psychische Manipulation wie „jetzt stell Dich nicht so an“ oder „das bildest Du Dir ein“. Jemand der so spricht, will kein Verständnis und kein Miteinander auf Augenhöhe, sondern Macht ausüben, das Gegenüber kontrollieren und das Selbstwertgefühl untergraben. Oftmals mit dem Ziel sich selber aufzuwerten.
RB: Was ist im Alltag zu tun, um ein gewaltfreies Miteinander sicherzustellen bzw. gewaltfreie Kommunikation?
Greisberger-Gruber: Ich denke der erste Schritt liegt im Beobachten und Erkennen der eigenen Gefühle in verschiedenen Situationen und der dahinterliegenden eigenen Bedürfnisse.
Dann ist es wichtig zu erkennen, dass wir das Verhalten anderer oftmals beurteilen und bewerten, ohne zu wissen, warum jemand so und nicht anders handelt. Bedürfnisse werden durch die Beurteilung nicht erkannt. Vielfach folgen dann auch unbewusst Abwertungen, Beleidigungen und Kritik. In dem ich mein Gegenüber ohne Urteil beobachte und versuche nachzuempfinden, wie sich mein Gegenüber fühlt, gewinne ich Distanz und reagiere nicht gleich auf das Gesagte mit eigenen Gefühlen. Ich erkenne, dass hinter dem Gefühl meines Gegenübers ein Bedürfnis liegt, welches gerade möglicherweise nicht erfüllt worden ist. Dies kann eine echte Chance sein mein/e Gesprächspartner*in wirklich zu verstehen und zu hören, was sie/er mir sagen möchte. Und dies kann der Beginn einer wertschätzenden ehrlichen Beziehung sein.
Margit Greisberger-Gruber ist Gewaltschutzbeauftragte der Caritas Salzburg. Beim Diakonieseminar in St. Virgil und schon vorab für das Rupertusblatt holt sie das wichtige Thema „Gewaltfreie Kommunikation“ vor den Vorhang.
Tipp: Diakonieseminar „Gewaltfreies Zusammenleben – eine Utopie?“ von Seelsorgeamt und Caritas Salzburg in St. Virgil: Fr., 7.11., 14 bis 21 Uhr, anmeldung@virgil.at
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