RB: Nach der Wahl standen gleich intensive Parteienverhandlungen an. Sind Sie schon voll in der Rolle des Stadtchefs angekommen?
Bernhard Auinger: Für mich macht es ehrlich gesagt keinen so großen Unterschied. Ich hab mich mit keiner Funktion menschlich verändert, insofern wird mich auch das Bürgermeisteramt nicht verändern.
RB: Sie haben im Wahlkampf stark mit sozialen Themen gepunktet. War das der Schlüssel zum Erfolg?
Auinger: Dass die SPÖ trotz der starken KPÖ stabil geblieben ist und ich Bürgermeister geworden bin, liegt, glaube ich, daran, dass wir stark auf die Breite gesetzt haben. Wir haben gesagt, wir wollen für alle Menschen in dieser Stadt da sein – auch für die, die sich das Leben gut leisten können. Ich glaube, das war der entscheidende Punkt, warum ich speziell in der Stichwahl über meine Parteigrenzen hinweg viele Wählerstimmen gewinnen konnte. Es geht darum, niemanden auszugrenzen.
RB: Was ist damit konkret gemeint?
Auinger: Man muss sich um die Festspielgäste genauso kümmern wie um eine leistbare Wohnung für die Supermarkt-Kassiererin. Für beides muss die Politik eine Lösung finden, für beide muss der Bürgermeister da sein. Und auch alleinerziehende Managerinnen brauchen Kindergartenplätze.
RB: Schlagen wir die Brücke zur katholischen Kirche: Diese ist in Salzburg durch die Pfarren, Sakralbauten, Schulen, Museen, soziale Projekte und vieles mehr allgegenwärtig. Wie sehen Sie das Miteinander zwischen Kirche und Politik?
Auinger: Wir haben eine sehr gute Zusammenarbeit. Kirchen sind Kulturgüter, deretwegen auch viele Menschen hierher kommen, und sie sind als Teil der Kulturabteilung seit sieben Jahren in meinem Ressort. Auch mit der Caritas gibt es bei Kinderbetreuung und Kindergärten einen massiven Austausch. Ebenso natürlich bei der Bildung, etwa bei der Absiedelung der Volksschule in der Schwarzstraße. Ich glaube, auch da habe ich gezeigt, dass ich nicht ideologisch denke, sondern dass es mir um die Sache geht. Außerdem haben wir in den letzten Jahren auch viel Budget in notwendige Sanierungen gesteckt.
RB: Betrachtet man kirchliches Engagement in sozialen Bereichen wie Armutsbekämpfung, Nothilfe, Alten- und Krankenbetreuung, Förderung von Gemeinschaft, Ehrenamt, Kindern und Jugendlichen, von Bildung, Kunst und Kultur könnte vieles auch einem SPÖ-Parteiprogramm entspringen. Sehen Sie das ebenso?
Auinger: Ja, selbstverständlich, gerade bei der Caritas ist meines Erachtens zu 99 Prozent Soziales drinnen. Mit Direktor Johannes Dines und dem Finanzkammerdirektor der Erzdiözese Cornelius Inama arbeiten wir gemeinsam an vielen Projekten und tauschen uns regelmäßig mehrmals im Jahr aus – zum Beispiel beim Ausbau des Ausbildungszentrums der Caritas. Ich weiß auch, wie wichtig Erzbischof Franz Lackner die Bildung ist, selbst wenn die Erzdiözese sparen muss. St. Virgil ist für mich ein Vorzeigeprojekt. Ich hoffe, dass die Kirche auch weiterhin im Bildungsbereich so aktiv bleibt.
Dass sich die Menschen das Wohnen wieder leisten können, ist eine Kernaufgabe, die sich dieser Stadtregierung stellt.
RB: Wo sind Verzweiflung und Hoffnung der Menschen in der Stadt Salzburg am größten? Welche Projekte stehen im sozialen Bereich ganz oben auf Ihrer Agenda?
Auinger: Vor allem, dass sich die Menschen in der Stadt das Wohnen wieder leisten können. Wir werden in dieser Funktionsperiode die Grundlagen dafür schaffen: mit einem neuen räumlichen Entwicklungskonzept und indem wir Grundstücke ankaufen. Nach diesen Vorbereitungsarbeiten wollen wir in der nächsten Funktionsperiode die Ernte einfahren, indem wir viele geförderte Mietwohnungen fertigstellen. Das ist eine Kernaufgabe, die sich dieser Stadtregierung stellt. Dann geht es darum, Armut und Kinderarmut zu bekämpfen und uns um die alten Menschen zu kümmern. Es wird noch ein zusätzliches Seniorenwohnheim brauchen. Und außerdem eine Personaloffensive im Pflegebereich und in der Elementarpädagogik.
RB: Abseits der beruflichen Berührungspunkte persönlich gefragt: Wie ist als evangelischer Christ Ihr Verhältnis zu Glaube und Kirche?
Auinger: Ich bin grundsätzlich ein gläubiger Mensch. Wir gehen einmal im Monat in die evangelische Auferstehungskirche und wöchentlich auf den Friedhof zu unseren Verstorbenen. Das ist mir sehr wichtig. Traurig finde ich manchmal, wie verwahrlost einige Gräber sind, wie schnell Leute vergessen werden. Das macht mich ehrlich gesagt sehr betroffen. Insofern haben wir eigentlich sehr viel Kontakt zu unserer Kirche – mehr als ich es als Jugendlicher hatte.
RB: Wie schwer tun Sie sich diesbezüglich mit der allgemeinen Stimmung in der SPÖ? Ihre Partei gilt ja als religions- und kirchenskeptisch und hat mit Andreas Babler einen Parteivorsitzenden, der in der Jugend noch Schulkreuze anzünden wollte …
Auinger: Ich kann nur sagen, die Salzburger Stadt- und Landes-SPÖ haben in der Vergangenheit bewiesen, dass es keine Vorbehalte gibt. Ich kann nicht alles gutheißen, was andere in meiner Partei sagen, aber da wird es wahrscheinlich in anderen Parteien auch kritische Töne geben. Wir in der Salzburger SPÖ haben sicher keine Probleme mit der katholischen Kirche – und auch nicht mit den anderen Glaubensgemeinschaften.
RB: Ist Ihnen der ökumenische und interreligiöse Dialog ein Anliegen?
Auinger: Sehr. Der Austausch unter den Konfessionen ist ganz wichtig, weil es auch um den Zusammenhalt in der Bevölkerung geht. Ich glaube, da kann Religion viel dazu beitragen. Und ich habe auch das Gefühl, dass wir das in Salzburg sehr gut und unaufgeregt machen.
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