Innsbruck/Salzburg. Pater Joachim Haspinger zählt neben Andreas Hofer zu den wichtigsten Persönlichkeiten im Tiroler Freiheitskampf. In den Schlachten am Bergisel unter Hofer focht Joachim Haspinger gegen die Soldaten aus Frankreich und Bayern.
Geboren im Jahr 1776 waren seine Eltern geachtete Bauersleute in St. Martin im Pustertal. Nach Studien der Philosophie und Medizin in Innsbruck trat er 1802 bei den Kapuzinern in Eppan ein. 1805 empfing er die Priesterweihe. Noch im selben Jahr schloss er sich den Landesverteidigern an, denn das seit 442 Jahren Österreich treue Tirol war dem Bündnispartner Napoleons, dem bayerischen König, zugefallen. Schon während des Studiums hatte sich Haspinger als einfacher Schütze hervorgetan, indem er militärische Beobachtungen aus der Schweiz und aus Italien heimbrachte. Als dann 1809 der nachmalige Oberkommandant Andreas Hofer alle Tiroler zu den Waffen rief, stand Pater Joachim als Feldkaplan längst bereit.
Im Ordenshabit und nur mit einem Bergstock bewaffnet, führte er todesmutig den linken Flügel in der legendären Schlacht am Bergisel an. Nach einer nächtlichen heiligen Messe mit Generalabsolution trieb er seine Truppe gegen die bayerischen Regimenter. Allein 1.700 Verwundete unter den Flüchtenden vermeldet Haspingers Tagebuch. Er selbst war in Ohnmacht gefallen, aber sonst blieb sein halbversengter Rotbart die einzige Blessur.
Andreas Hofer selbst musste nach dem Sieg den erbosten P. Provinzial um die nachträgliche Billigung dieses wichtigen Kampfeinsatzes ersuchen.
Der Chronist Anton Ritter von Schallhammer verteilt die Rollen folgendermaßen: „Hofer war die Seele, Haspinger und Speckbacher waren die Helden.“ Deshalb auch die Angst, die der „Heldenpater“ bei den französisch-bayerischen Gegnern verbreitete, die ihm einerseits drohten „Du Rotbarteter, der erste Baum sei dein Galgen“, anderseits den Kapuziner durch den Anführer Marschall François Joseph Lefebvre mit einem Bistum zu locken versuchten.
Da auch Salzburg von Österreich getrennt werden sollte, verfolgte Haspinger mit seinen Schützen den Feind durch das Unterinntal und erstürmte am 25. September 1809 den Pass Lueg: Gemeinsam mit den Pongauern, angeführt von Josef Struber.
Mit dem kaiserlichen Friedensschluss im Jahr 1809 kehrten die Südtiroler auf ihre Höfe heim, während der nun steckbrieflich gesuchte „Schlachtenlenker“ zu einer filmreifen Flucht gezwungen war: Neun Monate von Versteck zu Versteck, mit falschem Pass durch Italien und die Schweiz, bis er im September die Kärntner Grenze erreichte.
Es folgte eine Audienz bei Kaiser Franz, der ihm einen Orden verlieh. Der nunmehr gut Dreißigjährige bot sich der Diözese Wien als Seelsorger an. Erzbischof Graf von Hohenwart verlangte jedoch, dass er vorher seinen Orden verlassen sollte, obwohl Haspinger, seit er Priester war, keinen Menschen mehr getötet habe. Sogar Verräter ließ er lieber „in Schande“ laufen, eine Tracht Prügel musste es aber schon sein. „Seinem Bruder“ Andreas Hofer bescheinigte er einmal, der „bessere Geistliche zu sein“, während er sich für den „besseren Soldaten“ hielt.
Nun folgte eine weniger aufregende Zeit in Niederösterreich als Pfarrer von Traunfeld. Nur einmal wurde es noch spannend: Er war vorher noch in geheimer Mission nach Italien beordert worden, um die dortige Stimmung auszukundschaften. In seiner Kaltblütigkeit nahm er dabei eines Abends französischen Offizieren ein Sümmchen beim Kartenspiel ab. Als im 48iger Jahr der italienische Aufstand ausbrach, begleitete der 72-Jährige als gewählter Feldkaplan ein letztes Mal eine Tiroler Studenten-Kompanie an den Gardasee.
1854 übersiedelte Haspinger von Wien ins „wohlfeilere Salzburg“, wo ihm der Kaiser im Schloss Mirabell eine „ebenerdige Gnadenwohnung“ anbot. Elise, die älteste Tochter des berühmten Oberkommandanten der Pinzgauer Schützen Anton Wallner, führte ihm den Haushalt. „Das Haar ist silbern worden“, so begrüßte ihn die Presse, spricht man aber seine große Zeit an, beginnt „sein Blut zu wallen“. Anno1858 – also vor 165 Jahren – verstarb der kämpferische Patriot in Salzburg: „Für Gott und Vaterland!“ Seine letzte Ruhe fand er an der Seite seines „Bruders“ Andreas Hofer in Innsbruck. In Salzburg erinnert eine Straße an ihn.
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