1825 erfolgte nach der Säkularisation des Erzstiftes Salzburg und den Wirren der napoleonischen Zeit die Neuorganisation und Wiedererrichtung des Dom- und Metropolitankapitels. Am 25. September, dem Domkirchweihfest, begeht das Salzburger Domkapitel seinen 200. Geburtstag. Im Rupertusblatt-Gespräch geben Dompropst Weihbischof Hansjörg Hofer und Domdechant Gottfried Laireiter Einblicke in das Wirken.
RB: Was sind heute die zentralen Aufgaben des Domkapitels?
Domdechant Gottfried Laireiter: Als Erstes möchte ich die Priestergemeinschaft hervorheben. Und wenn ich über diese Gemeinschaft spreche, dann denke ich vor allem an das tägliche Gebet im Dom. Eine unserer wesentlichen Aufgaben ist natürlich die Domliturgie und die Verwaltung des Domes. Im bald wieder zwölfköpfigen Domkapitel gibt es neben dem Dompropst (Anm.: laut Statuten der amtierende Weihbischof) und dem Domdechanten (Anm.: Vorsitzender und Geschäftsführer des Domkapitels) noch das Amt des Domkustos, derzeit Prälat Hans Reißmeier. Er verwaltet den Domkirchenfonds im Auftrag des Domkapitels und sorgt dafür, dass der Betrieb läuft. Er ist für das Domgästeservice, das Dommuseum, die Dommusik und die baulichen Tätigkeiten betreffend den Dom zuständig. Der Dom ist Kathedralkirche, also die Kirche des Erzbischofs sowie Pfarrkirche und die zentrale Kirche der Diözese. Das heißt, es braucht ein gutes Miteinander unter allen „Akteuren“ und um dieses bemühen wir uns sehr.
Weihbischof Hansjörg Hofer: Für mich sind die Gebetsgemeinschaft und die Priestergemeinschaft ebenfalls entscheidend. Ich komme in der Früh sehr gerne in den Dom. Das ist ein bewusster Tagesbeginn. Beim Stundengebet ist mir das Gebet für den Erzbischof, die Priester, die Familien, die ganze Erzdiözese und alle Menschen wichtig. Und die Gemeinschaft ist deswegen so bedeutsam, da es heute unter Priestern eine Gefahr der Vereinsamung gibt. Es ist nicht gut, wenn jeder nur für sich allein arbeitet. Wir sind im Domkapitel nicht mit einem Orden vergleichbar. Es ist eine lockere Gemeinschaft, aber allein, dass wir regelmäßig miteinander beten, ist schon gemeinschaftsbildend. Es gibt zudem immer wieder Treffen, Feiern und Ausflüge. Bei all dem ist das „Feeling“ des Domkapitels erfahrbar. Regulär tagt das Kapitel viermal im Jahr.
RB: Simon Weyringer und Josef Pletzer werden am Hochfest von Rupert und Virgil in das Domkapitel aufgenommen. Wie wird man Domkapitular?
Domdechant: Grundsätzlich ist der Erzbischof frei in seiner Entscheidung, wen er beruft. Aber wir verständigen uns immer vorher und machen ihm Vorschläge, an die er sich in der Regel hält. Was die Zusammensetzung anlangt, hat es in den vergangenen Jahrzehnten schon große Veränderungen gegeben. Früher war das Domkapitel ident mit dem Konsistorium, dem obersten Beratungsgremium des Erzbischofs. Mittlerweile werden zentrale Ämter wie Bildung, Finanzen oder Personal von Laien geleitet. Das hat auch Auswirkungen auf das Domkapitel. Nicht jeder ist unmittelbar in die Diözesanleitung involviert. Uns ist wichtig, dass die Mitglieder in der Mitte des Presbyteriums stehen, also keine extremen Meinungen vertreten. Wir schauen darauf, dass die Regionen der Erzdiözese abgebildet sind. Es sind heute mehr Priester im Kapitel, die in der Pfarrseelsorge tätig sind. Und das bringt andere Akzente herein.
Die Mitglieder des Domkapitels wählen aus einem Dreier-Vorschlag aus Rom, wer Erzbischof wird.
RB: Bis zum Inkrafttreten des Konkordats 1933/34 hatte das Salzburger Domkapitel bei der Wahl des Erzbischofs völlig freie Wahl. Aber auch aktuell spielt es eine gewichtige Rolle.
Weihbischof: Die Mitglieder des Domkapitels entscheiden heute aus einem Dreier-Vorschlag aus Rom, wer Erzbischof in Salzburg wird. Es ist ein Privileg, das in Österreich nur wir haben. Ich gehöre seit 33 Jahren dem Domkapitel an und durfte zweimal bei der Wahl eines Erzbischofs dabei sein. Für mich waren das Höhepunkte. Wobei es lange nicht so geheimnisvoll abläuft, wie stets vermutet wird. Eine gewisse Spannung ist jedoch vorhanden. Die Verantwortung ist spürbar – deswegen wird auch sehr bewusst um den Heiligen Geist gebetet.
RB: Das Domkapitel feiert nun sein Jubiläum und muss sich gleichzeitig der Zukunft stellen. Welche Herausforderungen sehen Sie?
Weihbischof: Der Dom wird oft als Bilderbuch des Glaubens bezeichnet. Er ist also kein Museum. Er ist eine Kirche, ein Gotteshaus. Es gilt, den pastoralen Aspekt immer mehr in den Mittelpunkt treten zu lassen. Ich denke an Angebote wie die Abende der Barmherzigkeit oder die Mittagsgebete mit Orgelbegleitung. Der Dom ist nicht nur für die großen Gottesdienste wichtig. Er ist ein geistliches Zentrum, er ist die Mutterkirche der Diözese und Vorbild für die Liturgien in den Pfarren. Alles das muss das Domkapitel sicherstellen. Eine zweite große Herausforderung ist der Erhalt des Domes. Irgendwann steht die Innenrenovierung an. Wir sind als Kapitel hauptverantwortlich, wenngleich wir das nicht alleine stemmen können. Das wird ein Gemeinschaftsprojekt. Und natürlich gibt es im kulturellen Bereich Überschneidungen. Der Dom soll in der kulturellen Szene in Salzburg nicht abseits stehen, sondern muss in sie integriert sein.
Domdechant: Ich möchte noch einen Aspekt einbringen: Als Domkapitel haben wir auch den sozial-karitativen Bereich im Auge, so unterstützen wir die Caritas oder Aktion Leben. Allgemein gilt, es spielt sich in Salzburg viel rund um den Dom ab. Das Wichtigste ist und bleibt: Der Dom ist ein Haus des Gebetes, hier begegnen die Menschen Gott und hier ist Gemeinschaft – das gilt für die ganze Erzdiözese. Wir freuen uns immer, wenn Gruppen aus den Pfarren kommen.
Das Salzburger Domkapitel
Aktive Domkapitulare:
WB Hansjörg Hofer, Gottfried Laireiter, Johann Reißmeier, Roland Kerschbaum, Josef Zauner, Roland Rasser, Gerhard Viehhauser, Tobias Giglmayr, Harald Mattel, Ambros Ganitzer, ab 24. September 2025: Simon Weyringer und Josef Pletzer.
Emeritierte Domkapitulare:
Johannes Neuhardt, Sebastian Manzl, Matthäus Appesbacher, Balthasar Sieberer, Martin Walchhofer, Hans-Walter Vavrovsky, Raimund Sagmeister.
Ehrendomkapitulare:
Peter Hofer, Gerhard Holotik, Johann Hirnsperger.
Wissenswert
„Als Priestergemeinschaft erweist sich das Domkapitel vor allem in der gemeinsamen Feier des Stundengebetes, der Kapitelmesse und der feierlichen Domliturgie.“ Mit diesem Zitat aus dem Statut des Domkapitels zu Salzburg ist der wesentliche Dienst umrissen. 925 wird das Salzburger Domkapitel zum ersten Mal urkundlich erwähnt, 900 Jahre später wiedererrichtet. Am Domkirchweihfest gedenken die Domherren dieser langen Geschichte.
Mittwoch, 24. September, Hochfest der hll. Diözesanpatrone Rupert und Virgil mit Erzbischof Franz Lackner; 9.30 Statio in St. Peter, anschl. Prozession zum Dom, Eucharistiefeier, mit Aufnahme in das Domkapitel.
Donnerstag, 25. September, 18 Uhr, Dom zu Salzburg, Domkirchweihfest und Feier „200 Jahre Domkapitel“, mit Erzbischof Franz Lackner, musikalisch gestaltet vom Domchor unter der Leitung von Domkapellmeisterin Andrea Fournier.
Im Wandel der Zeit
„Das Dom- und Metropolitankapitel war und ist keine Institution, die für sich lebt. Es ist ein kontinuierlich wirkendes Gegenüber der Erzbischöfe und zugleich ihr starker Partner und treuer Mitarbeiterstab.“ Das schreiben die Herausgeber, Domkapitular Roland Kerschbaum und Archivleiter Thomas Mitterecker im Grußwort zum Band „200 Jahre neues Salzburger Domkapitel“. Er beleuchtet die Entwicklung bis zur Gegenwart. Im Anhang finden sich Kurzbiografien der einzelnen Domkapitulare und Ehrendomherren. Die Buchpräsentation findet nach dem Festgottesdienst am Tag des Domkirchweihfestes statt.
Roland Kerschbaum, Thomas Mitter-ecker (Hg.), 200 Jahre neues Salzburger Domkapitel, Pustet Verlag 2025, 320 S., 38 €, ISBN 978-3-7025-1156-2.
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