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Heiligkeit beginnt, wo du mit dem Herzen handelst. Zwölf Weltrekorde. Zehn Stunden Training – jeden Tag. Stefanie Millinger lebt für ihre Freesolo-Stunts – sie macht Handstände an scheinbar unmöglichen Orten in schwindelerregender Höhe. Vor allem ihren Followern auf Social Media stockt dabei der Atem. Doch der Weg zur Erfüllung ist nicht immer strahlend. Die 33-Jährige leidet an Depressionen, es gibt Tage, an denen nur Disziplin trägt – und die Hoffnung, dass bessere kommen.
Wann gibt es bei dir Momente, in denen du dich ganz bei dir fühlst?
Das ist eigentlich bei allen meinen Freesolo-Stunts so. Du nimmst da jede Zelle in deinem Körper wahr. Das ist mein Leben, das erfüllt mich mit größter Freude. Dafür mache ich das harte Training. Seit 15 Jahren hat es bei mir nicht einen einzigen Restday (einen Tag Pause) gegeben. Trotzdem: beim Freesolo muss man das Ego zurückstecken, wenn man fühlt, dass es gerade nicht passt. Da braucht man die Stärke zu sagen, dass man es jetzt nicht macht. Das ist die wahre Größe. Das ist das A und O, auch wenn es für einen Sturkopf wie mich schwer ist.
Wenn du keine Lust hast, schlechte Tage hast, ist das Training für dich eine Bewältigungsstrategie, damit es wieder weitergeht?
Ich kämpfe schon mein ganzes Leben lang mit Depressionen, das sieht man auf Social Media natürlich nicht. Aber es gibt eigentlich mehr Tage an denen es mich nicht freut. Da hat das Training auf jeden Fall mein Leben gerettet, ich könnte ohne nicht mehr existieren, es hat mich aus schwierigsten Zeiten geholt. Ich bin ein bisschen ein gebrochenes Kind. Für mich war die Schulzeit ultraschwierig, daran bin ich fast zerbrochen. In mir drin ist durch den Leistungssport in der Kindheit immer noch der Traum, mich so arg zu pushen, um die Beste zu sein. Das ist teilweise eine richtige Sucht, ich werde nervös, wenn ich nicht mein Pensum trainiert habe.
Was braucht Millis Seele?
Tiere! Wenn es mir richtig schlecht geht, dann sind Tiere mein Safe Place. Sport natürlich, aber auch Liebe. Ich glaube jede Seele braucht Liebe. Erlebnisse fürs Leben. Meine liebsten und engsten Personen habe ich gern um mich herum.
Was würdest du gerne ändern?
Ich würde gerne wieder ein bisschen weniger trainieren und mir mehr erlauben, ein bisschen mehr zu genießen. Zum Beispiel, dass ich mir einmal einen Urlaub gönnen darf und dass das für mich nicht so schlimm ist, wenn ich etwas weniger trainiere.
Den ganzen Video-Podcast mit Stefanie Millinger und eine weitere Folge mit Haubenkoch Andreas Döllerer finden Sie auf
www.eds.at, YouTube und Spotify.
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