Beim zweiten Kamingespräch des „Forum Neues Leben“ stand ein sensibles und zugleich hochaktuelles Thema im Mittelpunkt: die Motivforschung von Abtreibung. Die prominente Lebensrechtlerin und Vorsitzende des Bundesverbands Lebensrecht in Deutschland Lebensrecht (Dachverband von 15 Lebensrechtsorganisationen mit ca. 25.000 Mitgliedern). 2001 gründete und leitet sie vitaL - Beratung für Schwangere, eine bundesweite kostenlose Telefonberatung mit 35 Beraterinnen.
Alexandra Linder, gab in einem sehr persönlichen und fachlich fundierten Gespräch Einblick in ihre langjährige Arbeit im Bereich Lebensschutz und Beratung.
Linder sprach über die Motive, die Frauen in Konfliktsituationen zur Abtreibung bewegen. Ihre Erfahrungen, die sie über Jahre hinweg in der Beratung gesammelt hat, zeigten: Häufig stehen Frauen unter einem enormen psychischen, sozialen oder ökonomischen Druck. Es gehe dabei selten um einen freien Willensentscheid im eigentlichen Sinne – vielmehr fehle es oft an Alternativen, Unterstützung oder ehrlicher Aufklärung. Motiv Nummer eins: instabile Beziehungen, fehlende Unterstützung durch Partner, oder Familie, der Vater will das Kind nicht. Im einstelligen Bereich: Vergewaltigung oder diagnostizierte Krankheiten.
„Viele Frauen entscheiden sich nicht gegen das Kind, sondern fühlen sich vom Umfeld, vom Partner oder von den Umständen zu einem Abbruch gedrängt“, erklärte Linder. Besonders betroffen machten Beispiele, in denen junge Frauen nach einer Beratung aufrichtig dankbar dafür waren, dass ihnen jemand zugehört und echte Alternativen aufgezeigt hatte. Die eindrücklichen Berichte zeigten, dass Beratung nicht ideologisch, sondern lebensnah und menschenfreundlich gestaltet sein muss. Vor allem aber: beziehungsstärkend. „Wenn Abtreibung oft als Symptom daherkommt, müssen wir nach der Ursache fragen.“ Diese Ursachen seien Beziehungsunsicherheiten und persönlicher, sowie gesellschaftlicher Druck. „Deshalb haben wir das Projekt „Patin für 9 Monate‘ ins Leben gerufen. Freiwillige begleiten hier vor allem junge Mütter neun Monate lang bis zur Geburt ihres Kindes.
Ein bedeutender Aspekt des Abends war der Vergleich zwischen der rechtlichen und gesellschaftlichen Lage in Deutschland und Österreich. Dort gibt es vor der Abtreibung eine Beratungspflicht mit dem Ziel, das Leben des Kindes zu schützen. In Österreich hingegen nicht.
Diese Unterschiede spiegeln sich auch in der gesellschaftlichen Wahrnehmung wider: Während in Deutschland das Thema immer wieder öffentlich diskutiert wird, herrscht in Österreich in vielen Bereichen ein fast schon resignativer Stillstand. „Raus aus dem Tabu, hinein in die Beratung“. So die Devise der Lebensschützerin.
Linder mahnte an, dass Politik und Gesellschaft stärker Verantwortung übernehmen müssten. Es reiche nicht, Abtreibung als eine “Lösung” zu präsentieren – vielmehr brauche es Strukturen, die Mut zur Mutterschaft fördern: durch familienfreundliche Arbeitsplätze, ein soziales Netz, das trägt, und nicht zuletzt durch eine wertschätzende Kultur des Lebens. Lebensschutz beginne lange vor einer Krise – und müsse auch weit über die Geburt hinausgedacht werden. Deshalb sei auch die Aufgabe des Partners sich aktiv und verantwortungsvoll einzubringen. Also gelte auch hier: Beratung nicht nur der schwangeren angediehen zu lassen, sondern auch dem Mann. Gleichzeitig hinterfrage sie die Tatsache, dass Männer keinerlei Mitspracherecht eingeräumt wird, wenn eine Abtreibung im Raum steht“, so Linder.
„Eine ausgeprägte Ego-Kultur lässt die Anzahl der Abtreibungen steigen“, attestiert die Lebensrechtlerin. Man denke im Modus des Freiseins von etwas. Die Perspektive zu wechseln sie Gebot der Stunde: Frei sein für etwas. Konkret für Kinder. Das fordere eine Wertewandel. „Meine Doktorarbeit bewirkt sich gerade im Auswärtigen Amt“, berichtet Lindner mit einem Augenzwinkern. Schließlich könne es auch die Frage nach Gott im Leben eines Menschen sein, die diesen Wandel bewirke. „Ein Ja zu Gott kann ein Ja zum Leben bedeuten.“
Das Forum Neues Leben, das die Kamingesprächsreihe ins Leben gerufen hat, möchte mit diesen Abenden bewusst Raum für Austausch und vertiefende Auseinandersetzung.
dap
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